Can‘t you see them - Repeat

Clarissa Thieme
BIH /GER | 2019 | 9min

09.11.2019 16:40

Ein Trauma verhindert, dass sich die Bausteine der Realität richtig ausrichten. Schmerz verhindert, dass die Puzzleteile passen und ein vollständiges Bild bilden, sodass die Seele immer wieder zum Ort ihrer Narbenbildung zurückkehrt. Clarissa Thieme tritt ein in diesen Kreislauf schlimmer Erinnerungen: Im Videoarchiv Hamdija Kresevljakovic, das Aufnahmen von der Belagerung Sarajevos sammelt, findet sie ein Video, gefilmt von Nedim Alikadic. Es zeigt Milizionäre an einem Fluss in einem Wohngebiet. „Los film das“, wird Alikadic von seinem Begleiter aufgefordert. Die Handheld, Kamera bewegt sich nervös, schwenkt und stottert, während sie versucht, sich mit der Bedrohung vor ihr zu verbinden. Es ist diese besondere Kamerabewegung, die Thieme mit fortschrittlicher digitaler Bildverarbeitungstechnologie verfolgt hat. Die resultierenden Metadaten steuern nun einen automatischen Arm und lassen ihn einen Lichtstrahl genauso bewegen, wie die Hand die Kamera verschoben hat. Exaktheit und Vergänglichkeit: Extreme treffen aufeinander. Je näher man dem traumatischen Realen kommt, desto stärker bricht es und zerstreut sich über verschiedene Ebenen der Präsentation. Thieme tritt in die Lücke zwischen ihnen ein, erweitert sie und zieht gleichzeitig die Fragmente der Realität zu einem beunruhigenden Kraftfeld zusammen. (Jan Verwoert)